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Franziskanisch beten

Beten wir Kapuziner anders als andere? Wohl nicht. Was franziskanisch beten kennzeichnet, ist vor allem, dass wir verschiedene Formen des Gebetes auch in Gemeinschaft pflegen.

Dabei sind uns das klassische Stundengebet mehrmals am Tag wichtig, ebenso das kontemplative Gebet und das Hören auf das Wort Gottes. Natürlich gibt es viele verschiedene Formen von Beten und jeder von uns bringt auch seine ganz persönlichen Vorlieben ein. Zusätzlich zu den gemeinschaftlichen Gebetsformen pflegen wir jeder für sich noch das „private“ Gebet.

Unsere Gebetszeiten

In einer klassischen Kapuzinerkirche ist der Gebetschor an den Altarraum der Kirche angebaut. Vier Gebetszeiten sind üblich, zu denen sich unsere Gemeinschaft dort trifft. In vielen Klöstern kommen auch Gäste oder Menschen aus der Umgebung, um sich mit uns gemeinsam im klassischen Stundengebet der Kirche an Gott zu wenden. In einer Zeit, in der oft Leistung und Arbeit am Vordergrund stehen, versuchen wir so Gott den ersten Platz in unserem Leben zukommen zu lassen. In den Psalmen, uralten Gebeten aus dem Alten Testament, bringen wir unser Leben aktuell zu Gott in Beziehung, hören Worte aus der Heiligen Schrift und beten für die Anliegen der Menschen. Die festen Gebetszeiten bringen Abstand zum Alltagsgetriebe und schenken neue Kraft für unsere Aufgaben.

Das Wort Gottes gemeinsam hören

In Bibelabenden, bei der Tischlesung oder in anderen Formen ist es gute kapuzinische Tradition, das Wort Gottes in Gemeinschaft zu hören. Es gibt keine feste verbindliche Form, wie das geschieht. Meist macht es die Brüdergemeinschaft des jeweiligen Klosters aus, welche Form für sie passend ist


Stille – gemeinsames kontemplatives Gebet

Eine besondere Form des Gebetes ist das kontemplative Gebet, gemeinschaftlich in der Stille vor Gott zu verweilen oder sogar bewusst tägliche Zeiten für das gemeinsame stille Gebet einzuplanen. Viele von uns sind in der Seelsorge aktiv, haben Aufgaben in Werken wie etwa dem slw - Soziale Dienste der Kapuziner oder arbeiten in verschiedenen Berufen. Was wir tagtäglich erleben, das bringen wir vor Gott. Für unsere Aufgaben wollen wir die Kraft aus dem Gebet schöpfen. Eine besondere Form ist das Angebot der kontemplativen Exerzitien, zu dem die Kapuziner in Irdning einladen.


Franziskanische Gebete

Es gibt in der Tradition unseres Ordens manche Gebete, die von Franziskus selbst oder von wichtigen Gestalten unserer Geschichte stammen. Ein schönes Beispiel ist das Gebet „Höchster Allmächtiger Gott“, das unser Ordensvater in der Stunde seiner Bekehrung vor dem San Damiano-Kreuz gebetet hat. Die Gebete unserer Heiligen und Seligen finden vor allem im persönlichen Gebet und oft auch in der Jugendseelsorge Verwendung.

Die Tradition der Kapuziner-Einsiedeleien

Eine historische Form, in die Stille zu gehen, ist der Rückzug in eine Einsiedelei. Unser Ordensvater Franziskus von Assisi selbst hat zahlreiche Einsiedeleien für seine Gemeinschaft gegründet. Für die ersten Kapuziner als franziskanischer Reformorden war dies ebenfalls ein zentrales Thema. Wichtig waren dabei zwei Punkte, die im Gegensatz zu dem klassischen Einsiedlertum monastischer Ordenstraditionen wie zb. der Benediktinischen stehen: Die franziskanischen Orden wollten und wollen auch in der Stille den Blick auf die Menschen behalten. So waren alle Einsiedeleien in der Nähe einer Siedlung, damit die Menschen und die Anliegen, für die gebetet wird, „im Blick“ behalten werden können.

Und zum Anderen, dass auch hier die Gemeinschaft von Bedeutung war: Franziskus gab jedem Ordensmitglied weitere Brüder in eine Einsiedelei mit, die für ihn sorgten und den Kontakt zu den Menschen hielten, während der eine sich für eine Zeitspanne zum Gebet zurückzog. Der Rückzug in die Stille wurde ermöglicht, der Blick auf die Menschen blieb und die Mitbrüder konnten einstweilen den täglichen Verrichtungen nachgehen und den Kontakt zur Bevölkerung halten. Oft wurden daher in die Gärten oder nähere Umgebung des Klosters Einsiedeleien erbaut. Heute gibt es auf dem Gebiet unserer Provinz keine von Kapuzinern benutzten Einsiedeleien mehr. Andere Räumlichkeiten haben die Einsiedelei abgelöst, um den verschiedenen Formen des Rückzugs in die Stille wie Exerzitien u.a. einen Rahmen zu geben.